dieTour – Berichte
Bericht 1
Montag, 10.3. 2014
ich bin ja eigentlich so ne stubenhockerin …
meine lieben freunde.
die erste etappe ist geschafft und mein erfahrungsreichtum reicht von einem anfängerfehler zum nächsten.
höchst motiviert, ja fast kitschig berührt, bin ich am samstag morgen: frauentag!! auf der donauinsel gestartet. nicht – dass ich es in 18 jahren österreich vielleicht irgendwann man ans ende der donauinsel geschafft hatte … nein. ich kann euch sagen, es ist nur schön. ich hab auch irres glück mit dem wetter. seit drei tagen bin ich an der frischen luft und es nutzt sich einfach nicht ab… diese frühlings-schönheit. ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte mal den frühling ins land ziehen sah. es ist so verdammt schön draußen.
zurück zu meinen anfängerfehlern, über die ich jetzt im erholten zustand endlich lachen kann. also, ausgerüstet für eine expedition in unbesiedeltes gebiet, mache ich mich auf in richtung korneuburg, um am westende der donauinsel das nördliche ufer der donau zu erreichen. den bisamberg kennend von beschreibungen eines exkollegen, der sich dort eine wassersprenkel-anlage gebaut hat, die die ganze wohngegend ihres trinkwassers enthebt. als ich am fuße des bisamberges auf einer detail-karte entdeckte, dass der ort, zu dem ich auf den weg war, genau auf der anderen seite des berges liegt, entschied ich mich kurzer hand mit meinem „volle-ausrüstung-rucksack“ den bisamberg zu überqueren. grün auf der karte, kann ja nicht so hoch sein. im österreichischen mittel.
ich gehe also bergauf, um jenseits wieder bergab zu gehen, um mich dort in hagenbrunn in einer knappen dreiviertel stunde auf ein bier nieder zu lassen. wie hoch berge mit gepäck werde können – fluchs sogar – bemerkte ich bereits nach 3 min. nicht, dass ich dort vielleicht das tempo reduziert hätte, wie erfahrene berwanderer mit ihren kräften zu haushalten wissen. nein der wandereifer war noch zu stark, um diese spontane schnapsidee in ihren anfängen einzubremsen.
scheiße war ich fertig, als ich auf der anderen seite ankam. aber da war nicht mal was. ich musste also weiter. eigentlich wollte ich bis ulrichs-irgendwas kommen. aber meine beine, mein geist und meine laune schafften es nur noch bis enzersfeld, wo ich für ein lumpiges gasthaus ein viertel meiner reisekohle verbraten hab. aber das bett hat sich ausgezahlt. am abend hätte ich es nicht für möglich gehalten, dass ich mir je in meinem leben diesen rucksack wieder umschnalle und weiter gehe.
doch am nächsten morgen war mein körper ausgesprochen gut beieinander. am sonntag war ich zu mittag mit andi kuba verabredet. in mistelbach. was ja so jetzt keine strecke is, aber zu fuß nicht zu schaffen. ich entschied mich, die schönen wege zu spazieren und wenn die zeit kapp wird, den rest mit vorbeirasenden schnelleren hilfsmitteln zu überwinden.
andi hatte mit simon wieland einen neuen film gemacht: nemec ven! deutsche raus. über die deutschenvertreibungen aus brünn, 1945. ein tief bewegender film über die narben vertriebener. bitte freunde, wenn ihr irgendwann die möglichkeit habt, diesen film zu sehen: nutzen!
doch noch war ich 30 km entfernt.
wenn man von enzersfeld in richtung norden schaut – ist es nur schön. dies sanften hügel, die jetzt frisch zur saat vorbereiteten felder. und immer wieder das wunderbare wetter. die 15 grad, die es im moment tagsüber gibt, sind perfekt zu spazieren gehen. ach ja: anfängerfehler nummer 2 – ich hab mir am samstag gleich mal die nase verbrannt. dachte, wenn ich mich zu mittag eincreme wird das für den nachmittag gut sein … denkste. allen warnungen zum trotz. so komme ich bereits am 10. märz zu einer gesichtsfarbe, die ich in den letzten 3 jahren nicht zusammen gebracht hatte.
inzwischen bin ich auf dem bauernhof in der nähe von laa angekommen. hier kann ich mich ausruhen oder am feld arbeiten, oder beides. oder überlegen, wie ich weiter spaziere … ich hab nicht mal einen blassen schimmer.
meine lieben freunde.
ich halte mich und euch am laufen.
Bericht 2
Donnerstag, 13.3. 2014
ich gehe nach DunkelLand …
mir ist zum weinen, im moment fürchte ich mich vor der grünen grenze mehr als vor dem ganzen land. allen beteuerungen zum trotz, hoffe ich so, nicht erschossen zu werden. weil irgendso ein dummer vielleicht eine der selbstschussanlagen vergessen hat. leute ich kann euch sagen. meine fantasie dreht durch. die vorstellung auf einem feldweg durch den wald eine ehemalige ostblock-grenze zu überqueren macht mich fertig. ich bin seit tagen ein nerverl, weil ich mich diesen scheiß waldweg nicht gehen traue. ich packs nicht.
und so hundsgemein. einem kind so einen schrecken einzujagen, dass ich mich als erwachsene frau nicht traue von hier in ein anderes dorf zu gehen. es sind nur 21 km. das hätte ich bei meiner kondition auch schon vor tagen geschafft. freunde: es sind die inneren windmühlen.*
melde mich von der anderen seite.
ines
* vielleicht gibt es inzwischen so ein pervertiertes waldspiel: stasi&grenzschutz jagen republiks-flüchtling an originalschauplätzen. ein gruppenspiel sozusagen. für freunde. und ich als wanderer gerade unvermittelt hinein… ich sags euch, meine vorstellungen sind grausam. und für mich leider garnicht so lustig, wie ich gern tun möchte.
Bericht 3
Dienstag, 18.3. 2014
seit einer woche bin ich hier …
liebe sommerteam & facebook-gemeinde!
seit einer woche bin ich hier im land, am fast nördlichsten ende österreichs.
gestern war ich testweise, ohne gepäck auf dem weg zur tschechischen grenze. nicht um hinüber zu gehen, sondern eher um zu erproben, ob ich mich „drüber“ traue. ich hoffte nur mit inneren windmühlen zu kämpfen. wunderschöne feldwege machten den weg einmalig. ich sag euch. hier ist nix, außer felder. sehr sanft fürs auge. die aller orts hingestellten gebetskreuzchen sind nicht aufdringlich, eher für mich unheimlich erheiternd: das foto von den renovierungsarbeiten von mariar&rjosef hab ich euch gestern schon geschickt. ma – die unterhalten mich immer noch köstlich.
schon in großharras, 5 km weiter von hier – hätte ich umdrehen können und sollen. aber das viehch in mir wollte es bis zum ausgesuchten punkt schaffen. ich wollte hinüber schauen ins andere land. dann zurück gehen, um mich am nächsten tag über den „Grenzstreifen“ ins dunkelLand zu wagen.
heute ist der nächste tag.
ich könnte heulen.
ich bin auf alle eventualitäten vorbereitet. sozusagen: ausgerüstet für eine outback-lebensweise. dass mir schon nach 100 km irgendetwas anschwillt, kenne ich aus dem normalen leben nur von anderen körperteilen, aber nicht von meiner rechten achillessehne. leider ist die so beleidigt, dass mein rechter fuß schon aufschreit, wenn ich in die nähe meiner wanderschuhe komme. ich bin so gekränkt von meinem körper.
so entschwinden meine abenteuer-phantasien und gebe mich mit weniger zufrieden. sauer bin ich schon. was wahrscheinlich überhaupt nicht beim gesunden hilft.
der gestrige test hat mich unter schmerzen akzeptieren gelehrt, dass ich die achillessehne wirklich erst ausheilen lassen muss, bevor ich weiterwandern kann. eine sehr schwere prüfung für mich, die ich doch sonst alles im griff zu haben glaube …
ich kann euch sagen, ich gehe im kreis.
auf ganz bald.
derweil übe ich mich in der position als magd ein. gebe mein bestes. vielleicht brauche ich die gunst der bauern hier draußen noch mal… was weiß man?
griaß euch und auf bald.
ines